Durch das Sperrgebiet nach Kashgar (23.06.2002)

Nachdem wir in Ali unsere Schäden am Auto notdürftig repariert haben, geht es weiter in Richtung militärisches Sperrgebiet nahe der indischen Grenze. Vor vielen Jahren haben die Chinesen diesen Teil Ladakhs „unter ihre Verwaltung gestellt„, ohne daß man es in Indien gemerkt hat. Erst nach drei Jahren stellte man in Delhi fest, daß ein nicht unwesentliches Stück vom Staatsgebiet fehlte. Seitdem ist dieses Gebiet ständiger Zankapfel zwischen China und Indien. Eine Genehmigung für die Durchfahrt ist für Ausländer nicht einfach zu bekommen. Das Militär hatte uns auch schon für den Fall vorgewarnt, wenn sich der Konflikt zwischen Pakistan und Indien verschärfen sollte. Dann würde man diese Straße sofort schließen.


Durch das Sperrgebiet

Die ungewöhnlich genaue Kontrolle am Grenzsee Nyak Co zeigt uns das nahe Sperrgebiet an. Noch 1100 Kilometer staubige Piste stehen uns bis Kashgar bevor. Alles ist sehr dünn besiedelt, selbst die sonst üblichen Nomaden mit ihren Zelten und Viehherden sind verschwunden. Von anderen Autos keine Spur - nur die Militär LKW veranstalten regelrechte Rennen und machen sich einen Spaß daraus, uns von der Piste zu drängen. Hier hat das Militär Vorfahrt und jeder andere Fahrer ist gut beraten, sofort am Pistenrand anzuhalten, wenn Militärfahrzeuge in Sichtweite sind. Auch wir lernen das nach einigen Steinen, die uns von LKW gegen die Frontscheibe und den Kühler geschleudert werden.


Ladakh im Hintergrund


Am Karakorum

Landschaftlich verläuft die Strecke auf einem trockenen Hochplateau in 4000 bis 5400 Metern Höhe, die Gebirgszüge von Ladakh und später auch des Karakorum (mit dem K2, 8611m) ständig auf unserer linken Seite. Eigentlich hatten wir in Mazar eine Übernachtung eingeplant. Auf der Karte sieht dieser Ort richtig groß aus. Endlich angekommen, finden wir lediglich einige Bretterbuden und ein paar Soldaten vor, die peinlich darauf achten, dass wir keine Fotos machen. Wir beschließen noch 80 Kilometer weiter zu fahren und kommen bei einer Straßenbaubrigade unter, die uns sehr freundlich aufnimmt.


-Mazar City-

Wir sind nun in der autonomen Region Xinjiang angekommen, die überwiegend von Moslems bewohnt wird. Nördlich des Tian Shan leben mongolisch und nomadisch geprägte Volksgruppen, während das Tarim-Becken im Süden islamisch-urban ist. Als sogenannte ethnische Minderheit im chinesischen Sinn leben in Xinjiang die Uiguren. In der Geschichte gibt es viele Parallelen zwischen Tibet und Xinjiang, ohne dass die Weltöffentlichkeit mit der gleichen Nachhaltigkeit davon Notiz genommen hat. Uns ist die freundliche und unaufdringliche Art der Uiguren sofort sehr sympathisch, auch wenn wir uns an einige neue (und zum Teil merkwürdige) Speisen gewöhnen müssen.

Kurz vor Kashgar machen wir noch in der Stadt Kargilik Station. Es ist ein himmlisches Gefühl nach beinahe 4000 Kilometern Piste endlich wieder Asphalt unter den Reifen zu spüren und das Auto zu entstauben. Nach und nach kommen weitere Schäden unter der Staubschicht zu Tage. Der Scheibenrahmen und die Verstrebung unseres Dachträgers sind gebrochen, zwei Reifen sind Schrott und ein weiterer kann zum Glück repariert werden. Etliche Lackschäden lassen unser Auto etwas verwegener aussehen. Das ist allerdings nichts gegen die vielfältigen und grandiosen Eindrücke, die wir von diesem Reiseabschnitt mitnehmen. Für die nächsten 6000 Kilometer können wir (und unser Auto) auf der Seitenstraße fahrtechnisch etwas verschnaufen, bevor es in der Wüste Turkmenistans wieder richtig zur Sache gehen wird.

 

Endlich auf der Seidenstrasse (03.07.2002)

Nach einem halben Jahr sind wir angekommen - auf der legendären Seidenstraße, die über 7000 km von Ost nach West, von Asien nach Europa, von Chinas alter Hauptstadt Xi’an an die Küsten des Mittelmeers führt. Für abendländische, chinesische, indische, persische und tibetische Händler war sie für 2000 Jahre der erste interkontinentale Handelsweg, auf dem nicht nur Seide transportiert wurde, sondern auch Ideen, Religionen und Kulturen „reisten„. Der Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion und die Öffnung Chinas machten es uns erst möglich, wieder in diese Gebiete zu reisen. Die alten Karawanenwege durch die Wüste Takla Makan sind heute überwiegend gute Asphaltstraßen. Statt Kamelen werden die Waren mit dem LKW oder der Bahn transportiert und die ehemaligen Oasen sind zu modernen Städten mit chinesischen Plattenbauten und Leuchtreklame herangewachsen. Die Informationen werden heute statt mit Rauchzeichen von Signaltürmen in Lichtgeschwindigkeit durch ein neues Glasfaserkabel von Europa nach Asien entlang der Seidenstrasse transportiert. Dennoch hat diese Route mit ihrer Vielfältigkeit an Völkern, Religionen und Kulturen uns besonders angezogen.


Start nach Westen


Unterwegs auf der Seidenstrasse 2

Unsere Reise beginnt im westlichsten Winkel Chinas - in Kashgar. Hier treffen die nördliche und südliche Route der Seidenstraße zusammen. Wenn die Karawanen hier eintrafen, hatten sie eine beschwerliche Reise durch Wüsten und Gebirge hinter sich und freuten sich über eine Rast. Uns geht es nicht anders, obwohl wir mit unserem „Motorkamel„ wesentlich komfortabler reisen können. Mit über 400.000 Einwohnern ist Kashgar die größte Oasenstadt Chinas mit einer islamisch, mittelalterlichen Altstadt und einer hypermodernen chinesisch geprägten Neustadt. Dennoch spürt man auf Schritt und Tritt, dass Kashgar wesentlich näher an Mekka als an Peking liegt. Wir verbringen hier zwei Tage und können die orientalische Atmosphäre des großen Bazars und des Sonntags-Viehmarktes auf uns wirken lassen. Leben und Arbeit finden auf der Straße statt und so betreiben Bäcker, Schmiede, Schuster und Friseure ihr Gewerbe draußen. Gegessen wird ab jetzt in Garküchen, die ebenfalls vor den Häusern aufgebaut werden. Wir verlassen uns da ganz auf unseren uigurischen Guide.


Id Kahn Moschee


Beim Friseur


Markt


Viehmarkt

Entlang der nördlichen Seidenstraße erreichen wir die Stadt Aksu. Eine sehr moderne und saubere Stadt. Aber wir erleben hier erstmals, dass auch im Internet Grenzen errichtet werden können. In keinem Internetcafe ist es möglich, ausländische Websites zu erreichen und von den chinesischen Mailprovidern werden E-Mails in das Ausland postwendend zurückgeschickt. Nach sechs Monaten befinden wir uns erstmals in einem echten -Internet - Loch„. Das kleinere Problem ist, dass auf den lokalen Rechnern keine englischen Schriftsätze installiert sind und somit unsere Dateien nicht geöffnet werden können. Auch internationale Faxe können nicht versendet werden. So hoffen wir auf die nächsten Städte, um an unseren Internetberichten weiter arbeiten zu können.

In Kuqa bleiben wir für zwei Tage. Interessant sind hier die Kizilgrotten, die wir wegen der großen Hitze von über 40 Grad am Vormittag besichtigen. Diese 1000 Buddhagrotten aus dem 3. Jh. sind die ältesten und westlichst gelegenen Grotten. Von den 236 Grotten sind allerdings nur wenige für den Tourismus geöffnet. Fotoapparat und Rucksack bleiben wie so oft an Besichtigungsorten in China draußen. In den Höhlen kann man nur noch ansatzweise die Pracht der Wandmalereien und Skulpturen erahnen. Mit der Ausdehnung des Islams nach Osten wurden auch diese buddhistischen Tempelanlagen zerstört. Archäologen aus Deutschland (ab 1902 Le Coq) und die Kulturrevolution (1966-76) erledigten dann den Rest. Es ist schon ein Trauerspiel, wenn man die Ergebnisse der „Forschungsarbeit„ von Le Coq und seinen Gehilfen als riesige Löcher in den Wänden vorfindet, wo früher meterhohe, goldenen Fresken die Höhlenwände schmückten. In Berlin sind diese Kunstschätze überwiegend den Bomben des zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen.


Kizilgrotten

Unser nächstes Ziel ist Kuqa, die Stadt der Aprikosen. Gerade ist Erntezeit, was man mit einem riesigen Aprikosenfest feiert. Jede Dorfgemeinschaft aus der Umgebung zeigt auf kleinen Ausstellungsständen ihre besten Aprikosen und sonstigen Produkte. Wir werden als einzige Touristen bei unserem Rundgang wie Wesen vom anderen Stern behandelt und von einer riesigen Menschenmenge begleitet. Man bietet uns bei jeder Gelegenheit Unmengen von Aprikosen und Melonen an. Was wir nicht aufessen können, wird eingepackt.


Aprikosenfest 1


Aprikosenfest 2

Von Kuqa aus erkunden wir die Ruinen der antiken Klosterstadt Subashi aus dem 3.-5. Jahrhundert. Viel ist von der buddhistischen Stadt nicht mehr übrig. Dennoch wird uns auch hier wieder bewusst, wie sehr sich der Buddhismus entlang der Seidenstraße nach Westen ausgedehnt hatte. Die hier sesshaft gewordenen Turkvölker (Türken, Usbeken, Kirgisen, Kasachen, Araber u.a.), waren zunächst Buddhisten und konvertierten ab dem 13. Jahrhundert zum Islam. Moslems zerstörten in dieser Zeit Tempel, Pagoden und Buddhafiguren, so dass den Buddhisten die Grundlage ihres Glaubens entzogen und ihre Konvertierung „beschleunigt„ wurde.

Eigentlich wollen wir auch noch die Ruinen auf der anderen Seite des Flusses besuchen. Natürlich muss man dafür extra bezahlen und ein Chinese muss mit, um uns den Weg zu weisen. Als wir dann vor dem doch ziemlich reißenden und sandgefärbten Kuqa-Fluss stehen, ist auch der ortskundige Chinese überfordert. So genau weiß er dann doch nicht, wo man durchfahren kann und die Flusstiefe schätzt er auf ca. (!) 70 cm oder vielleicht auch tiefer. Wir entschließen uns schweren Herzens zur Umkehr. Wer möchte schon gerne sein Auto versenken, nur weil ein Chinese einmal ausprobieren möchte, wie leistungsfähig ein Landcruiser ist.

Auf dem Rückweg fahren wir anschließend durch ein kleines, typisches uigurisches Dorf. An der Straße backen die Frauen gemeinsam in einem großen Lehmofen Kräuterbrot. Sofort werden wir zu einer Kostprobe eingeladen. Zum Nachtisch gibt es frisch aus dem Garten die obligatorischen Aprikosen. Dann laden sie uns noch in ihr zu Hause ein. Durch ein großes Tor gelangen wir erst einmal in den Hof. Dicke Weinreben spenden als grünes Dach Schatten. Das Schlaf- und Wohnzimmer besteht aus einem riesigem Bett (18 m2), auf dem Teppiche liegen. Hier wir gegessen, geschlafen, gefeiert und diskutiert. Während wir unser Fotoalbum mit Bildern aus der Heimat zeigen, werden uns wieder Aprikosen angeboten. Wir sollen im Herbst wiederkommen, dann wird man uns die getrockneten, süßen Früchte schenken. Der Abschied fällt uns bei soviel Herzlichkeit sehr schwer. Die schönsten Erfahrungen macht man abseits der Touristenpfade.

 


frisches Brot

Bisher sind wir über die nördliche Seidenstraße immer am Rand der großen Flugsandwüste Takla Makan gefahren. Takla Makan heißt frei übersetzt, wer einmal hineingeht, der kommt nicht wieder heraus. Auch wir wollen einen direkten Blick in die Wüste wagen und fahren 200 km über die neue Straße in Richtung Ölfelder. Unsere Bekanntschaft mit dem Wüstensand endet bei 45°C auf unseren Sandblechen. Ohne Begleitfahrzeug ist uns eine weitere Erkundung der Wüste zu riskant und wir drehen um. In den letzten Jahren ist die Wüste wegen der riesigen Erdölvorkommen für Chinas Wirtschaft sehr wichtig geworden. Überall werden Pipelines und Bohrfelder gebaut. Die Arbeiter verdienen in der Wüste sehr gut und geben das Geld in den umliegenden Städten großzügig wieder aus. Überall entstehen „Boomtowns„ mit einer sehr sauberen modernen Infrastruktur. Die Seide der Zukunft ist schwarz.

Wir erreichen auf unserer Reise entlang der nördlichen Seidenstraße die Oase Korla. Hier steht am Eisentorpass ein 700 Jahre altes Kontrolltor an einem schmalen Schotterweg, den alle Karawanen auf dem Weg nach Turfan nehmen mussten. Als Touristenattraktion bietet Korla außerdem den nahegelegenen Bostonsee. Wir kommen uns hier vor wie in einer anderen Welt. Standleben, Motorboote, Badegäste und Sonnenschirme. Mitten in der Wüste ein 1000 km2 großer Süßwassersee.

 


Eisentor


Bostonsee

Weinstraße

In der Oasenstadt Turfan, die als zweittiefster Punkt der Erde 154 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, wollen wir die nächsten vier Tage bleiben. Turfan wird auch die Stadt der Weintrauben genannt und davon kann man sich hier auch überall überzeugen. So freuen wir uns schon in Gedanken auf ein Abendessen mit einem guten chinesischen Wein, aber die Weintrauben werden hier hauptsächlich getrocknet und die Rosinen in alle Welt exportiert. Bei über 40°C ist es aber auch sehr angenehm unter den schattenspendenden Reben zu sitzen und ein kühles Bier zu genießen.


Ruinen von Gaochang

Unser Besichtigungsprogramm lässt uns kaum eine Verschnaufpause und so sehen wir die Ruinen von Gauchong und Jiaohe - ehemalige Königreiche an der Seidenstraße, buddhistische Grotten mit Wandmalereien, Grabstätten und das berühmte Emin Minarett.

 


Karez-System
Bei Temperaturen über 45 Grad (im Schatten) ist die Klimaanlage zum wichtigsten Teil im Auto geworden. Wie man bei so viel Hitze und Trockenheit dennoch eine grüne Oasenstadt mit dem notwendigen Wasser versorgen kann, haben die Einwohner aus Turfan seit über 2000 Jahren praktiziert. Bei dem Karezsystem wird Schmelzwasser aus dem nahegelegenen Tian Shan-Gebirge unterirdisch in die Oasenstadt geleitet und kommt hier angenehm kühl und frisch an. Es dient der Bevölkerung als Trinkwasser aber auch zur Bewässerung der Felder. Leider werden defekte Kanäle nicht restauriert und auf Grund der immer knapper werdenden Ressourcen greift man auf elektrische Pumpen zurück, um Trinkwasser zu bekommen. Das Karezsystem ist neben der „Großen Mauer„ eines der drei berühmtesten Bauwerke Chinas.

Das leidige Thema Autoreparatur kann in Turfan auch abgeschlossen werden. Unser gebrochener Dachträger wird geschweißt. Es ist gar nicht so einfach, hier einen Aluminiumschweißer zu finden. Die Ersatzteile für unser Fahrwerk sind mit etwas Verzögerung auch aus Deutschland eingetroffen. Der chinesische Zoll hat die Teile eine Woche in Shanghai festgehalten. Mit viel Telefonieren und Hilfe einer chinesischen Firma, die eine Importgenehmigung für Autoteile hat, konnten wir dieses Problem lösen.

Ohne das inzwischen vertraut gewordene Knackgeräusch aus Richtung Vorderachse fahren wir durch die Ausläufer der Gobiwüste in Richtung Dunhuang, dem östlichsten Punkt unserer Reise. Seit unserer Abfahrt in Bombay liegen 15.000 Kilometer hinter uns.

 

Dunhuang Das Tor des Westens (10.07.2002)

Dunhuang liegt, eingebettet in einer bildschönen Dünenlandschaft, ganz im Westen der Provinz Gansu und war über 2000 Jahre lang eine der wichtigsten Stationen an der Seidenstraße. Ähnlich wie Kashgar im Westen, war Dunhuang ein bedeutender Kreuzungspunkt der Karawanenwege. Von hier aus verzweigt sich die Seidenstraße in westlicher Richtung in drei Routen. Die Nordroute sind wir über Turfan aus Kashgar gekommen, die mittlere Route führt quer durch die für uns unpassierbare Wüste in Richtung Lop Nur (-See) und über die Südroute werden wir Dunhuang wieder in Richtung Kashgar verlassen.


Wüste am Stadtrand

Hatte man einst den Jadetorpass mit dem riesigen -Tor des Westens- hinter sich gelassen, betraten die Karawanen auf dem Weg nach Kashgar das wilde und feindliche Gebiet der Takla Makan Wüste.


Jadetor

Bis nach Dunhuang reichte auch die über 5000 Kilometer lange -Große Mauer-, die den Karawanen Schutz vor Angriffen der Hunnen und Mongolen aus dem Norden bot. Auch wir fahren ein Stück in die Wüste und folgen den Überresten der chinesischen Mauer, deren Trasse sich schnurgerade durch die Wüste zieht. Ab und zu müssen wir die Mauertrasse queren, was ein besonderes Gefühl bei uns auslöst. Wer ist schon quer über die chinesische Mauer gefahren. Unterwegs treffen wir auf Ruinen von Signaltürmen, die in großen Abständen durch Rauch- und Leuchtsignale den Karawanen die Richtung wiesen oder vor Gefahren warnten. Ein feindlicher Angriff wurde über dieses -Telekommunikationssystem- binnen 24 Stunden dem Kaiser gemeldet.


Chinesische Mauer


Signalturm

Natürlich hat der Buddhismus auch in Dunhuang an vielen Stellen seine Spuren hinterlassen. Als 1899 ein chinesischer Mönch die verschütteten Mogao Grotten mit ihren über 1000 Höhlen entdeckte, setzte ein regelrechtes Wettrennen der ausländischen Zentralasienforscher auf diesen Platz ein. Viele Schriften, Skulpturen und Fresken befinden sich heute in ausländischen Museen, was den Chinesen das Gefühl gibt, um ihre eigene Kultur beraubt worden zu sein. Schon 1949 wurden die verbliebenen 492 Höhlen von der chinesischen Regierung unter Denkmalschutz gestellt und somit deren Zerstörung durch die Kulturrevolution verhindert. Besonders hat uns eine 35 Meter hohe Buddhafigur beeindruckt. Wie fast überall in China, ist das Fotografieren innerhalb der Sehenswürdigkeiten leider verboten, was sehr schade ist.


Mogao Grotten

Zu guter letzt besuchen wir noch den Mondsichelsee, der mitten in den Dünen gelegen, wie durch ein Wunder seit über 1500 Jahren nicht versandet ist. Die Chinesen haben diesen Platz zu einem -Wüstenvergnügungspark- umgebaut, was aus unserer Sicht für dieses wunderschöne Naturschauspiel nicht unbedingt angemessen ist.


Mondsichel See

Entlang der südlichen Seidenstraße (19.07.2002)

Die ersten Etappen der südlichen Seidenstraße von Dunhuang nach Hotan sind in keinem unserer Reiseführer beschrieben und auf der großen Chinakarte führt hier nur die Nationalstraße 315, die sich später sehr zu unserer Überraschung doch noch in eine handfeste Offroadpiste verwandelt, durch. Wehe dem, der den Angaben der Karte glaubt und ohne Allradfahrzeug in diese Gegend kommt, denn der bleibt in einer Sanddüne mitten auf der Piste, in einem reißenden Fluss, oder im Matsch stecken. Dieser Streckenabschnitt bietet nicht so viele kulturelle Attraktionen wie die nördliche Seidenstraße und wird deshalb von Touristen kaum besucht. Die kleinen Städte sind total chinesisch geprägt und wenn über die Lautsprecher auf den Häuserdächern politische Parolen und Lieder erklingen, fühlt man sich wie im tiefsten China zur Kulturrevolution. Aber die Landschaft im östlichsten Teil der südlichen Seidenstraße ist fantastisch und mit ein bisschen Glück kann man auch die inzwischen sehr selten gewordenen wilden Kamele sehen.


Südliche Seidenstraße 1


Südliche Seidenstraße 2

Kurz nach Dunhuang überqueren wir zunächst das Altu Shan-Gebirge, eine Gebirgskette mit bis zu 5800 Meter hohen Gipfeln, wo wir über den Dangjin Shanou Pass (3650 m) fahren. Das Grün der Berge, die vielen Blumen und die frischen 15°C tun uns sehr gut. Für heute ist das Ziel laut Reiseplan eigentlich erreicht und nach unserem GPS befinden wir uns im Ort Lenghu. Doch was wir vorfinden gleicht einer Geisterstadt, denn die Häuser sind verfallen und haben keine Fenster und Dächer mehr. Eine moderne Ruinenstadt - aber wo ist unsere Unterkunft? Hinter Huatugou hört die Asphaltstraße endgültig auf und wir fahren mal wieder Schotterpiste mit den üblichen, sehr scharfkantigen -Reifenkillersteinen-. Wir können zusehen, wie sich bei unseren Goodrich-Reifen Kilometer für Kilometer das Profil löst. Zwei Reifenpannen innerhalb von 50 Kilometern sind auch für unser Gemüt zuviel. Bald ist die Piste vollständig verschwunden und es geht offroad durch ein Flussbett bzw. durch einen Canyon weiter. Hin und wieder befinden wir uns wieder auf der Piste, aber der Großteil der Strecke ist einem heftigen Erdrutsch zum Opfer gefallen. Wir sind nur froh, dass im Flusstal zur Zeit so wenig Wasser ist.


Noch Asphalt


Nationalstrasse 315 1

Nationalstrasse 315 2

In diesem menschenleeren Gelände trifft man außer liegengebliebenen Autos niemanden und so ziehen wir ein Auto aus dem Schlamm, helfen mit unserem Werkzeug aus oder nehmen gestrandete Leute mit. Nach letzterer Aktion musste das Auto erst einmal gut gelüftet werden, denn der mitgenommene Zeitgenosse roch genauso streng wie seine Ziegen.

Durch starke Regenfälle und das Schmelzwasser aus dem Kunlun-Gebirge sind viele Strecken der Piste in einen Fluss verwandelt worden. Gerade auf dem Abschnitt von Ruoquang nach Qiemo können wir das live miterleben. Mitten in der Wüste stehen wir vor einem reißenden Fluss, der an beiden Uferseiten von einem breiten Schlammbett gesäumt wird. Es gibt keine Spuren und wir überlegen lange, ob wir da durchkommen. Ute testet vorsichtig zu Fuß, wie der Untergrund beschaffen ist. Da sie weder im Matsch versinkt noch vom Fluss mitgerissen wird, können wir es wagen – ein Stoßgebet gen Himmel, Allradantrieb und Sperrdifferenziale eingeschaltet und durch. Drei Meter hoch spritzt der Schlamm und als wir auf der anderen Seite wieder zum stehen kommen und festen Wüstensand unter den Reifen spüren, sieht das Auto wie eine Tropfsteinhöhle aus. Der Bus auf der anderen Seite traut sich nicht und will warten, bis der Schlamm trockener ist. Ob er heute noch durchfahren kann erfahren wir leider nicht mehr.

 


Schlammtester

Schlammschlacht


Wasserdurchfahrt

Wir haben trotz vieler Warnungen eher das Gefühl, dass nicht der gefürchtete Sandsturm sondern das Wasser der Feind Nr. 1 bei unserer Tour durch die Wüste ist, denn die angekündigten Stürme erleben wir glücklicherweise nur in ganz abgeschwächter Form. So ist die Straße nach einer Flutwelle etwa weg- oder überspült und der viele Sand der Wüste muss mühsam wieder von der Fahrbahn geschaufelt werden.


Strassenabbruch


Sand schippen

Nach fast 2000 km erreichen wir Hotan, eine Oasenstadt, die durch ihre Jade bekannt wurde. Aber auch das Geheimnis der Seidenproduktion wurde durch die Heirat einer chinesisches Prinzessin und dem König von Hotan weiter nach Westen getragen. Wir besichtigen in Jiya den traditionellen Familienbetrieb von Herrn Abu Dourishiti. Von der Aufzucht der Seidenraupen bis zur fertigen Seide wird hier alles von Hand gemacht. Wir kaufen zum Schluss noch einen vier Meter langen Stoff, denn schließlich kann man nicht auf der Seidenstraße gewesen sein, ohne Seide mitzubringen.


Seidenproduktion

Nach 5500 km schließt sich der Kreis unserer Tour wieder in Kashgar. Wir haben die Takla Makan einmal umrundet. Drei weitere Reifenpanne - und der nagelneue Stoßdämpfer ist auch wieder durchgeschlagen - sind zu beklagen. Wir nehmen das zum Anlass hier vier Reifen chinesischer Produktion zu kaufen und sind sehr erleichtert, unsere sehr schlechten amerikanischen Reifen den Schustern auf dem Basar überlassen zu können. Am 19.07. planen wir über den Torugartpass (3752m) weiter in Richtung Zentralasien nach Kirgistan zu fahren.

Hosh Xinjiang (19.07.2002)

Als wir aus den Höhen des Himalaya und des Karakorum nach Xinjiang einreisten, dachten wir, im -richtigen- China mit -richtigen- Chinesen angekommen zu sein. Was wir zu unserer Überraschung vorfanden, war eine total islamisch geprägte autonome Provinz, in der die Uiguren die überwiegende Bevölkerung bilden. Die Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Uiguren hat uns sofort in ihren Bann gezogen. Obwohl das Leben in den wüstennahen Regionen nicht einfach ist, hat man sich einen ausgeglichenen und durch die Familie geprägten lässigen Lebensstil bewahren können. Nicht umsonst gehört Xinjiang zu einer der weltweit vier Regionen mit den ältesten Einwohnern.

Die Einreise nach China war mit vielen Genehmigungen und bürokratischen Hürden verbunden und wir hatten viele Geschichten über Korruption gehört, so dass wir mit einer gesunden Portion Misstrauen gekommen waren. Nichts davon ist glücklicher Weise eingetroffen. Wir wurden - bei aller Strenge - von der Polizei und Armee immer korrekt behandelt.

Interessant war für uns auch zu beobachten, welchen Weg das politische und wirtschaftliche China einschlägt. Zwar sind allen Ortes die Insignien des Kommunismus, wie rote Flaggen, Sterne, Monumente usw. gegenwärtig, sie werden jedoch gnadenlos mit den Weltmarken des Kapitalismus vermischt. Neben alten, verkommenen Staatsbetrieben werden in unmittelbarer Nachbarschaft hochmoderne, marktwirtschaftlich geführte Betriebe errichtet. Das alte System wird langsam -ausgeblendet- und durch einen -neuen sozialistischen Weg- ersetzt. Bei einem Land von der Größe Chinas braucht das jedoch seine Zeit.

Die Regierung hat inzwischen auch erkannt, dass der Ruf Chinas im Ausland nicht der Beste ist und durch ein altes, längst überholtes Wissen über das politische System geprägt ist. Das Ausland und besonders die westlichen Medien haben die großen Anstrengungen der letzten fünf Jahre zu mehr Offenheit und Toleranz schlichtweg nicht zur Kenntnis genommen. Jetzt will man selbst nachhelfen und hat eine amerikanische Werbeagentur mit einer weltweiten Kampagne über das -neue China- beauftragt.

Wir waren sehr gerne in China, auch wenn wir, von Tibet einmal abgesehen, nur Xinjiang erleben konnten. Aus diesem Grund verabschieden wir uns auch mit einem uigurischen -Hosh- aus diesem interessanten Teil der Welt.


China im Wandel

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