In den Sinai (13.11.2002)

Die Fähre von Aqaba nach Nuweiba sollte um 11 Uhr ablegen. Diese Zeitangabe ist allerdings arabisch, so dass wir nach der zügigen Grenzabfertigung bis zum tatsächlichen Start um 16 Uhr sehr viel Zeit im Hafen verbringen dürfen. Inzwischen hat auch der Fastenmonat Ramadan begonnen, in dem die muslimische Welt während der Tageszeiten wie in Zeitlupe verläuft. Jeder versucht die körperlichen Kräfte zu schonen und reagiert durchaus gereizt, wenn jemand in der Öffentlichkeit isst oder trinkt. Auch die Coffeeshops im Hafen haben mangels Kundschaft geschlossen. Nach dem Einschiffen werden wir sogleich in einer besonderen Lounge platziert, um uns von den einheimischen Reisenden zu separieren. Der Kapitän hatte wohl etwas Bedenken, dass wir vor den Augen der Fastenden unsere Fresspakete auspacken könnten.


Endlich auf der Fähre

Nach der dreistündigen Überfahrt kommen wir leider bei Dunkelheit in Nuweiba an, was wir ursprünglich vermeiden wollten. Die dortigen ägyptischen Hafenbehörden haben unter Travellern einen besonders schlechten Ruf und es wäre mit Sicherheit besser, diese chaotische Grenzabfertigung bei Tageslicht zu managen. Aber wir haben keine Wahl. Der einzige Lichtblick für die folgenden zwei sehr hektischen Stunden ist ein sehr netter Beamter der Touristenpolizei, der sich unserer annimmt und uns den Weg durch diese Grenzabfertigung aufzeigt. An sechs Stellen müssen wir für die unterschiedlichsten Dinge unsere gerade umgetauschten ägyptischen Pfund wieder hergeben. Summa Summarum kommen wir umgerechnet auf knapp 300 Euro für diesen bürokratischen Schwachsinn. Spitzenreiter dieses Wuchers sind die Passkopien für umgerechnet 4 Euro. Natürlich haben wir Passkopien dabei, die allerdings nicht anerkannt werden. Wahrscheinlich dient die Kopiermaschine zur sehr geschickten Gehaltsaufbesserung des dortigen Personals. Ab und zu fühlen wir uns an die indische Bürokratie erinnert, die ihre Wurzeln ebenfalls in der Kolonialmacht England hat. Jedenfalls sind wir uns einig, dass diese Grenzabfertigung mit großen Abstand die Unangenehmste war, die wir auf unserer Reise erlebt haben. Kaum zu glauben, dass Ägypten ein zivilisiertes Reiseland sein soll.


Arabisches Outfit

Nachdem unser Auto mehrmals von über 15 Beamten sehr gründlich durchsucht wurde, können wir endlich über die Küstenstraße in Richtung der Oasenstadt Dahab aufbrechen. Es ist schon sehr spät und wir sind das einzige Fahrzeug auf der Straße. Ziel ist die Tauchbasis von Ingrid und Mohamed, die wir schon vor 13 Jahren im Sinai besucht haben. Damals hatten die Beiden die einzige Tauchbasis weit und breit. Inzwischen hat sich, wie fast überall im Sinai, das kleine Beduinendorf Dahab in eine Kleinstadt mit über 50 Tauchbasen verwandelt. Dennoch halten sich die Bausünden in Grenzen und die Atmosphäre ist immer noch sehr angenehm. Wir relaxen hier ein paar Tage und genießen die grandiose Unterwasserwelt, bevor es weiter in Richtung Kairo geht, wo inzwischen unsere Libyen Visa auf uns wartet.


Bei Ingrid und Mohamed


Sinailuft in Flaschen


Grandiose Unterwasserwelt


Im Canyon

Bei den Beduinen (19.11.2002)

Von Dahab aus durchqueren wir den Sinai in Richtung Nordwest. Mohamed hat uns eingeladen, ihn bei seiner Tour zu den Beduinen in den abgelegenen Bergoasen zu begleiten. Seit Jahren versorgt er dort Bedürftige mit Lebensmitteln, um auf seine Art islamische Nächstenliebe zu praktizieren und sich bei Allah für den wirtschaftlichen Erfolg der Tauchbasis zu bedanken. Seinen Landcruiser randvoll mit Lebensmitteltüten gepackt starten wir über sandige Wege durch die tiefen Schluchten der Wadi in die Bergoasen, wo wir sehr herzlich von den Beduinen empfangen werden.


Auf dem Weg zu den Beduinen.

Liebenswerte Beduinen.

Einen ganzen Tag fahren wir von Ort zu Ort und wundern uns, wo überall in dieser vordergründig kargen Landschaft Menschen leben.


Nächstenliebe.

Beduinenschmuck

Später führt uns ein Beduine noch in die traumhafte Landschaft des Wadi Kid, mit seinen einzigartigen Gebirgsformationen und den vielen Dattelpalmen. Schade, daß wir bei diesen freundlichen Menschen nicht länger bleiben können.


Wadi Kid

Beduinenkinder

Mohamed sucht übrigens noch einen Lehrer für Naturwissenschaften für die von ihm gegründete und gesponserte Schule in Dahab. Unterrichtet wird auf Englisch. Kost, Logis und Tauchen (!) ist frei bei lokal üblichem Gehalt.

Der weitere Weg führt uns quer durch den Sinai zunächst zum Gebel Musa (2285 m), der bei uns eher als Berg Moses (oder Berg Horeb) bekannt ist. Hier empfing Moses auf dem Weg in das gelobte Land im 13. Jahrhundert v. Chr. die zehn Gebote. Seit 1400 Jahren steht am Fuße dieses Berges das orthodoxe Kloster St. Katherina, das in seiner langen Geschichte niemals erobert, beschädigt oder zerstört wurde. Der Prophet Mohammed, Gründer des Islam, hat diesen heiligen Platz mit einem Beglaubigungsschreiben unter seinen persönlichen Schutz gestellt. Später taten es ihm arabische Kalifen, türkische Sultane und sogar Napoleon auf seinem Ägyptenfeldzug gleich. In der Klosteranlage ist noch heute der in bester Blüte stehende „einstmals brennende Dornbusch„ zu sehen, in dessen Flammenerscheinung damals Moses von Gott nach Ägypten geschickt wurde, um dort die Israeliten zu befreien und dann in das gelobte Land zu führen.

 

Kloster St. Katharina

Klosterkirche

 

Der "brennender Dornbusch"

Weiter geht es durch das Wadi Feiran in Richtung Suez. Vor einigen Wochen gab es in dem sonst sehr trockenen Sinai starke Regenfälle, die unseren Weg auf der Talsohle des Wadi mit Schlamm und Geröll bedeckten. Zum Glück ist der Weg einigermaßen passierbar gemacht worden. Wadis sind eben erst in zweiter Linie als Straße geeignet.


Wadi Feiran

Am Golf von Suez geht es auf einer sehr guten Straße nach Suez und unter dem Kanal durch einen Tunnel auf eine Autobahn nach Kairo, wo wir unsere lang ersehnten Visa für Libyen tatsächlich auch in Empfang nehmen können. Schnell noch ein Erinnerungsfoto vor den Pyramiden, bevor es westwärts in die Berberoase Siwa an der libyschen Grenze geht. Die reichen Kulturschätze Ägyptens am Nil haben wir vor einigen Jahren sehr intensiv genossen, so daß wir trotz der schnellen Weiterreise nicht das Gefühl haben, etwas zu verpassen.


Bei den Pyramiden

In der Berber Oase Siwa (23.11.2002)

Unser erster Zwischenstopp auf dem Weg in die Oase Siwa führt uns nach El Alamein an der Mittelmeerküste. Hier wurden im November 1942 die italienischen und deutschen Truppen auf dem Weg von Tobruk in Libyen nach Alexandria von den Alliierten zum Rückzug gezwungen. Bei dieser Entscheidungsschlacht sind 80.000 Soldaten getötet und verwundet worden. Wenn wir über die endlosen Gräberfelder laufen, kommt es uns unvorstellbar vor, wie schnell und leichtfertig heutzutage wieder von Krieg gesprochen wird. Der eine oder andere Politiker unserer Zeit sollte diese Kriegsgräber mal in regelmäßigen Abständen besuchen und sie als Mahnung begreifen.

 


Kriegsgräber

Gefährliche Altlasten

Durch eine menschenleere und karge Wüste geht es vom Mittelmeer jetzt 300 Kilometer Richtung Süden nach Siwa. Diese Straße ist erst in den achtziger Jahren gebaut worden, um die bis dahin sehr isoliert gelegene Oase mit der Außenwelt zu verbinden.


300 Kilometer nach Siwa

Wildwechsel

In Siwa leben überwiegend Berber, die noch heute ihre eigene Sprache pflegen und arabisch erst als Fremdsprache in der Schule lernen. 300.000 Palmen und 70.000 Olivenbäume kennzeichnen diese Oase. Soviel Grün erwartet niemand in der sonst rundherum so trockenen Wüste.


Palmenoase

Weiter werden wir noch von 50 warmen und kalten Süßwasserquellen überrascht, in denen auch schon Cleopatra gebadet haben soll. Das Alltagsleben der Menschen, die weitestgehend von ihren Dattelpalmen und Olivenbäumen leben, ist sehr ursprünglich. Eselkarren und Lehmhäuser und kleine bunte Marktstände bestimmen das Stadtbild.


Glasklare Thermalquelle

Siwa

Rings um Siwa finden wir eine der schönsten Dünenlandschaften, die sich über 800 Kilometer bis weit nach Libyen zieht und mit einer entsprechenden Sondergenehmigung des Militärs ausgestattet starten wir für zwei Tage in dieses Sandmeer. Hier findet man auch die vermutlich größte und höchste Düne der Welt mit einer Ausdehnung von 140 Kilometern Länge. Eine interessante Besonderheit sind die versteinerten Korallenriffen mitten in der Wüste, die immerhin 300 Kilometer vom Mittelmeer entfernt liegt.


Dünenlandschaft

Fossiles Korallenriff

Allein Siwa und die Umgebung würden eine eigene Offroad Ägyptenreise rechtfertigen. Wir verlassen wirklich schweren Herzens diesen sehr schönen Ort und fahren in Richtung libyscher Grenze, wo wir mit großer Spannung dem Grenzübertritt entgegensehen.


Offroad 1

Offroad 2

Wüstensee

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