Translibya (03.12.2002)

Ägypten verabschiedet uns mit dem gleichen bürokratischen Wahnsinn, der uns schon in Nuweiba begrüßt hatte. Diesmal sollen wir drei verschiedene Ausreisesteuern bezahlen. Die Krönung eines fehlgeleiteten Philatelieverständnisses sind die Briefmarken, die man an einem speziellen Schalter erwerben muss, um sie anschließend auf die Ausreisekarte zu kleben. Wenn wir die „Grenzerlebnisse„ beiseite lassen, werden wir Ägypten jedoch in sehr angenehmer Erinnerung behalten.

Auf der libyschen Seite der Grenze bleiben wir zunächst zwei Stunden am Vorposten hängen. Unsere Visa sind zwar in Ordnung, was die Einreise mit dem eigenen Auto anscheinend aber noch lange nicht genehmigt. Die Telefondrähte zwischen dem Innenministerium in Tripolis und der Grenzpolizei laufen heiß. Touristen mit dem eigenen Auto und ohne einen staatlich verordneten Guide, das hat es schon lange nicht mehr gegeben. Zum Glück haben wir ein Bestätigungsschreiben des libyschen Botschafters in Deutschland dabei, dass uns die Einreise mit unserem Auto zusagt. Endlich kommt telefonisch die Genehmigung für unsere Einreise und wir werden mit einem Gefühl der Erleichterung in den Abfertigungsdschungel entlassen. Irgendwie liegen wir als ausländische Touristen mit eigenem Auto völlig quer zum Abfertigungssystem. Drei Stunden halten wir Smalltalk mit allen möglichen Grenzbeamten und versuchen Stück für Stück unseren Papierkram voranzutreiben. Zum Schluss stellt man fest, dass es an diesem Grenzübergang gar keine libyschen Nummernschilder für uns gibt. Wir werden zur Verkehrspolizei in das Hinterland eskortiert und auf einem Hof abgestellt. Eine Stunde tut sich überhaupt nichts und die dortigen Beamten halten sich schlichtweg für nicht zuständig. Zum Glück ist Ramadan und man fiebert, wie überall in der muslimischen Welt, dem Sonnenuntergang entgegen, um endlich etwas essen und trinken zu können. Nichts wäre schlimmer, als diese gesellige Zeremonie durch unsere Anwesenheit zu verzögern und plötzlich lösen sich in der heraufziehenden Dämmerung alle Probleme blitzartig in Wohlgefallen auf. Man findet in einer Garage ein altes Nummernschild, stellt schnell die Fahrzeugpapiere aus und stundet uns sogar bis zur Ausreise in sieben Tagen die Gebühren, weil wir nicht genügend libysches Geld dabei haben. Welch ein bürokratisches Wunder! Pünktlich mit dem Ruf des Muezin verlassen wir die Polizeistation und beieilen uns in der Dunkelheit einen halbwegs sicheren Platz für unser Camp zu finden.

Mit dem Transitvisa von sieben Tagen bleibt uns für Libyen leider nicht viel Zeit und so beschließen wir an der Mittelmeerküste über Benghazi, Sirt und Tripolis weiter nach Tunesien zu fahren. Für einen Abstecher in die Wüste reicht uns leider die Zeit nicht mehr und wir sind uns auch nicht sicher, ob man uns an den Kontrollposten im Landesinneren mit unserem Transitvisum passieren lassen würde.

Unberührte Küste


Abendstimmung

Als erstes besuchen wir die 2600 Jahre alte griechische Ruinenstadt Cerene, die landschaftlich sehr schön in dem zerklüfteten Jebel Akhdar liegt. Ganz in der Nähe befindet sich auch die zugehörende Hafenstadt Apollonia. Erste Siedler kamen von der Insel Santorini hierher, um für die rasant wachsende Bevölkerung neuen Lebensraum zu finden.. Hinterlassen haben sie für uns Touristen unter anderem ein sehr schönes Amphitheater, die Tempel für Apollo und Zeus und vieles mehr.

Nachlesung

Zeus Tempel

Weiter ca. 800 Kilometer westlich führt uns der Weg zu den Ruinen von Leptis Magna, die ehemals zweitgrößte Stadt des römischen Imperiums. Vor 2500 Jahren wählten die Phönizier diesen strategischen Platz, um die Karawanenstraßen in die Sahara zu kontrollieren und Seehandel zu betreiben. Das riesige Stadtgebiet mit dem angrenzenden Hafen ist in einem verhältnismäßig guten Zustand und lässt sehr viel von der damaligen Lebensweise spüren. Wir sind die einzigen Touristen auf dem riesigen Gelände und wandeln über die alten Straßen, vorbei an Bädern, Tempeln, Wettkampfstätten, dem Theater und Markt.


Markt

Bad

Ute findet besonders an der Legende zur Aufteilung Libyens Gefallen. Im 4. Jht. v. Chr. wählten Römer und Griechen einen sportlichen Weg für dieses politische Anliegen. Ein römischer Läufer startete im Westen bei Leptis Magna gleichzeitig mit einem griechischen Läufer im Osten bei Cyrene. Der Treffpunkt der Sportler stellte anschließend die Grenze der beiden Imperien dar.

Heute erleben wir Libyen als ein Land, dass deutlich von dem allgemeinen Embargo der westlichen Welt gekennzeichnet ist. Abgepackte Lebensmittel sind selbst für uns sehr teuer und wir fragen uns, wie sich die Menschen diese Dinge leisten können. Das Land wirkt eher ärmlich und dennoch haben sich die Menschen ihre herzliche Fröhlichkeit erhalten. Selbstverständlich dürfen wir unser Camp immer wieder auf ihrem Land aufschlagen und man fährt sogar in der Dunkelheit los, um uns Wasser zu beschaffen, das hier eher selten direkt aus einem Hahn kommt. So wird es uns sehr einfach gemacht, die letzte Woche unserer Tour noch einmal in wunderschön gelegenen Camps an der Mittelmeerküste zu genießen. Nur einmal sucht uns ein heftiger Herbsturm heim, der uns nachts mehrmals zwingt, die Zeltheringe wieder zusammenzusuchen. Sturmgeschützte Standplätze sind nach dieser Erfahrung Priorität Nummer 1.

Camp

Sturmschutz

In der Hoffnung auf eine schnellere Grenzabfertigung, als bei der Einreise verlassen wir Libyen am Grenzübergang Ras al-Jedir in Richtung Tunesien, um weitere 500 Kilometer nach Tunis zum Hafen zu fahren. Wegen unserer Visaverzögerungen nehmen wir die fünf Tage später abfahrende Fähre nach Marseille statt nach Genua, um rechtzeitig am 8. Dezember in Berlin sein zu können (siehe Newsticker auf der Startseite!) Sicher werden wir Libyen mit seinen Wüstenlandschaften noch einmal besuchen, da es ja in „Reichweite„ eines normalen Jahresurlaubes liegt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Libyen wieder zu einer touristischen Normalität zurückfindet. Das individuelle Reisen ist seit knapp zwei Jahren im Land verboten. Ein erster vielversprechender Schritt für eine Öffnung gegenüber der westlichen Welt bemerken wir bei den Internetcafes, die man überall im Land findet, obwohl die einschlägigen Reiseführer Libyen noch heute als weißen Fleck auf der Internetlandkarte ausweisen.


Lybien online

Bevor wir die Grenze erreichen, wird unser Auto noch einmal auf seine Wasserfestigkeit geprüft. Stürme und Gewitter hatten viele Straßen überflutet, so dass an einigen Stellen der Küstenstraße das Passieren für normale Autos unmöglich ist. Ein halber Meter Wasserhöhe ist keine Seltenheit.

An der libysch-tunesischen Grenze erfüllt sich unser Wunsch nach einer schnellen und reibungslosen Abfertigung. Nach 15 Minuten haben wir die libyschen Ausreisestempel in unseren Pässen und die Tunesier sind fast genauso schnell. Auto und Inhalt werden erfreulicher Weise keines Blickes gewürdigt.

Jetzt sitzen wir in einem kleinen Hotel im Hafen von Tunis und genießen die Annehmlichkeiten der Zivilisation. So schön das Campen in der freien Landschaft ist, eine warme Dusche hat auch was.

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